Studium, Zertifizierung, Praxis – wie ergattert man seinen ersten SAP-Job?

Köln, 28.02.2014- Wer Karriere machen will, ist als SAP-Berater in der richtigen Branche. Hier sind hohe Gehälter und schnelle Lohnsteigerungen Gang und Gäbe. Entgegen der Annahme, dass man die Grundsteine seiner Karriere bereits mit Studium und erstem Job zementiert, ist ein Quereinstieg in die SAP-Beratung durchaus möglich. Denn hier hängt wenig an Titeln, Ausbildungen und Zertifizierungen. Mit den richtigen Voraussetzungen und dem Ehrgeiz, sich die praktischen Fähigkeiten und Erfahrungen zu erarbeiten, gelingt der Einstieg in die beliebte Sparte.  Dr. Thomas Biber, Geschäftsführer der auf SAP-Positionen spezialisierten Personalberatung Biber & Associates (www.biber-associates.de), sagt: „Die Unterschiede bei Gehalts- und Karriereoptionen für SAP-Berater gleichen sich, unabhängig vom Ausbildungsweg, nach drei bis fünf Jahren Projekterfahrung an.“ Doch wie kommt man zum ersten Job? Thomas Biber, selbst langjähriger SAP-Berater, gibt Tipps für den Start in die SAP-Karriere.

Rund 90 Prozent derer, die direkt nach dem Studium in die SAP-Beratung gehen, sind Wirtschaftsinformatiker, Wirtschaftswissenschaftler, Naturwissenschaftler oder Absolventen eines technischen Studiengangs. Üblicherweise haben diese „Direkteinsteiger“ einen Master oder Diplom-Abschluss. Dem Bachelor-Titel mangelt es nach wie vor an Anerkennung. Mit dem Doktor-Titel noch eine Schaufel drauf zu legen, ist jedoch laut Biber für den Einstieg kein nennenswertes Plus: Er lasse die Nachwuchskräfte im Vergleich zu anderen Bewerbern meist nur älter aussehen. Nur wer plant, in die Top-Etagen der Unternehmen aufzusteigen, habe mit dem Doktor oder mit einem MBA einen kleinen Vorteil.

Thomas Biber
Thomas Biber, Geschäfsführer Biber & Associates

„SAP-Quereinsteiger“ haben oftmals eine akademische Ausbildung in ganz anderen Fächern durchlaufen – zum Beispiel Jura, Geisteswissenschaften oder auch Theologie. Sogar Nichtakademiker haben gute Chancen, beispielsweise nach einer Ausbildung  in kaufmännischen oder Informatik-nahen Berufen. Erst wenn es, Jahre später, um Leitungspositionen geht, verschafft eine akademische Ausbildung wieder einen Vorteil vor dem Ausbildungsberuf. „Am wichtigsten ist, dass man sowohl IT-Know-How als auch betriebswirtschaftliche Kompetenz hat“,  fasst Biber die notwendigen Fähigkeiten zusammen. „Viele erfolgreiche Quereinsteiger hatten berufliche Erfahrung in einem dieser beiden Felder gesammelt und brachten Interesse und Verständnis für das andere Feld mit.“

Einführung von SAP-Systemen: Chance zur Fortbildung

Typische Quereinsteiger waren zuvor im Controlling, Vertrieb oder in der Warenwirtschaft tätig und verfügen somit über betriebswirtschaftliche Kenntnisse. Oder sie kommen aus einer Tätigkeit als Webshop- oder Netzwerkadministrator beziehungsweise Programmierer und bringen damit profunde IT-Kenntnisse mit. Manchmal kommt ganz ungeplant, im Rahmen einer SAP-Einführung die Gelegenheit, sich vom Unternehmen zum SAP-Berater weiterbilden zu lassen. Auch die Arbeitsagentur zahlt gelegentlich eine SAP-Zertifizierung und manche Arbeitnehmer bekommen sie im Rahmen eines Outplacement-Verfahrens von ihrem ehemaligen Arbeitgeber bezahlt. Kurse mit SAP-Zertifizierungen werden sowohl vom Walldorfer Konzern selbst als auch von verschiedenen Weiterbildungsanbietern veranstaltet.

Die Zertifizierung ist aber keineswegs zwingend für eine Karriere als SAP-Berater: „Arbeitgeber ziehen das Learning-on-the-job, also die praktische Tätigkeit im SAP-Projekt, jeder Schulungserfahrung vor“, so Biber. Es komme vor, dass angehende SAP-Berater ein Job-Angebot ausschlugen, um die einmal begonnene und schließlich ja auch teure Weiterbildung zu Ende zu führen. Aber Gelegenheiten kommen nicht nach Belieben wieder: „Wenn sich eine Chance bietet, die erste feste SAP-Stelle zu ergattern, muss man als Neu- oder Quereinsteiger zugreifen“, erläutert der Personalberater.

Im Allgemeinen lassen sich die neuen Arbeitgeber darauf ein, dass der Bewerber die SAP-Weiterbildung zunächst beendet, bevor er die neue Stelle antritt. Sollte ein Arbeitgeber das ablehnen, ist es das kleinere Übel, die Weiterbildung abzubrechen. Denn die erste Stelle als SAP-Berater ist immer am schwierigsten zu finden.

Initiativbewerbung bei Beratungsfirmen

Mit den Bewerbungen für die erste SAP-Position solle man unbedingt vor Abschluss der Zertifizierung oder Weiterbildung beginnen. Bewerbungsprozesse im SAP-Umfeld dauern oft zwei bis drei Monate. Hinzu kommt die Phase zwischen Vertragsunterschrift und Stellenantritt. Wer zu spät loslegt, riskiert eine unliebsame und unnötige Lücke im Lebenslauf. Doch es kann noch schlimmer kommen: Wer noch einige Monate als Freiberufler oder Trainer verbringt, weitere Zertifizierungen anstrebt oder gar noch eine Zeit lang in SAP-fremden Jobs arbeitet, hat seine Chancen auf eine langfristige Perspektive mit einer Festanstellung als SAP-Berater schon fast verspielt. Einen solchen Lebenslauf lesen Personaler als einen misslungen Einstieg in eine boomende Branche. Biber: „Hier muss man sich als Bewerber dann schnell die Frage gefallen lassen, warum man keine Stelle als SAP-Berater findet, wo doch SAP-Berater allerorten gesucht werden.“

Wer nicht das Glück hat, dass ihn sein bisheriger Arbeitgeber ausbildet, kann den Quereinstieg in die SAP-Beratung auch selbst in die  Hand nehmen. Biber empfiehlt zu diesem Zweck Initiativbewerbungen bei kleinen und mittleren SAP-Beratungsfirmen. Diese Unternehmen haben aktuell einen starken Personalbedarf, den sie oft nicht decken können.

Daher sind viele Beratungsunternehmen bereit, einem ambitionierten SAP-Juniorberater eine Chance zu geben und ihn auch ein Stück weit auszubilden oder einzuarbeiten. „SAP-Beratungsunternehmen“, so Thomas Biber, „haben auf dem SAP-Jobmarkt die Funktion der Ausbilder. Beratungsunternehmen sind bei Bewerbern, die nicht hundertprozentig die Anforderungen erfüllen, zudem oft kulanter als SAP-Endkunden.“ Eine Liste von SAP-Beratungsunternehmen in Deutschland finden Interessenten auf der Website von Biber & Associates.

Wichtige Voraussetzungen für den SAP-Job sind Englischkenntnisse, gute Arbeitszeugnisse und ein klarer Lebenslauf. Reisebereitschaft ist bei einem SAP-Beratungsunternehmen ohnehin unverzichtbar. SAP-Neulinge sollten offen sein für mindestens zwei bis drei Jahre Consulting mit umfangreicher Reisetätigkeit, das heißt drei bis fünf Arbeitstage pro Woche. Die arbeits- und reiseintensive Zeit lohnt sich langfristig und bleibt ein Berufsleben lang eine sehr gute Referenz. Unverzichtbar ist es, an der ersten Stelle auch unter schwierigen Arbeitsbedingungen durchzuhalten, weil Vielwechsler im SAP-Umfeld sehr kritisch gesehen werden. SAP-Projekte dauern oft mehrere Monate, in Einzelfällen auch Jahre. Und selbst ein erfahrener SAP-Berater benötigt im neuen Job gewöhnlich sechs bis zwölf Monate, bis er voll eingearbeitet ist und das neue Umfeld beherrscht.

Beste Aussichten nach den Lehrjahren

Ist der Einstieg geschafft, stehen alle Türe offen für eine spannende SAP-Karriere. Wer sich nach den „Lehrjahren“ auf dem Arbeitsmarkt umschaut, dem bieten sich höchst attraktive Weiterentwicklungspfade. Solide Projekterfahrungen und die Fähigkeiten bleiben dabei immer wichtiger für das Vorankommen in der SAP-Karriere als jeder Titel oder jede Zertifizierung. Biber: „Der Wechsel in die zweite SAP-Position fällt wesentlich leichter. Mit ein bisschen Glück kann ein Bewerber dann bereits zwischen verschiedenen attraktiven Vertragsangeboten auswählen.